Die Firma Millennium 2000 aus München präsentierte kurz vor Weihnachten die endgültige Fassung ihres Millennium Chess Systems, unter dessen Interface man ebenfalls mehrere Programme (=Engines) einbinden kann. Mit der Reaktivierung der beiden altgedienten Veteranen des Computerschachs, Dave Kittinger (WChess2000) und John Stanback (Zarkov 5.0) landete man hinsichtlich Attraktivität der Engines einen echten Coup.
In früheren Zeiten war Zarkov für sein etwas exzentrisches Spielverhalten mit seiner ausgeprägten Neigung zur Ignorierung sämtlicher positioneller Grundlagen berüchtigt. Seit einigen Jahren hörte man zwar immer wieder von beachtlichen Resultaten des Stanback-Programms - z.B. beim Aegon-Turnier 1997 mit 4 aus 6 Runden - konnte aber als interessierter Anwender nie gegen eine aktuelle Version spielen. Erste Ergebnisse zeigen, dass Zarkov in der jetzt vorliegenden Form bedeutend seriöser - sprich solider - spielt und konzeptionell also vom taktischen Wüterich zu einem relativ langsamen, aber wissensbasiertem Programm mutiert ist.
Genau wie WChess 2000 wird Zarkov 5.0 auf einer Diskette ohne optimiertes Eröffnungsbuch ausgeliefert. Die Anbindung von Zarkov 5.0 innerhalb des MCS-Systems funktioniert etwas besser - z.B. bei Enginematches - als mit dem Kittinger-Programm. Nach meiner Einschätzung behandelt Zarkov 5.0 das Mittelspiel sehr stark; kann das hohe Niveau aber im Endspiel nicht ganz halten.
Im Vergleich zu WChess agiert das Programm zwar eher solide und weniger spektakulär, kann aber gegen die Top-Programme durchaus mithalten und dürfte sich ziemlich nahe am Toplimit der aktuellen Enginegeneration bewegen. Auffällig, dass Zarkov 5.0 relativ häufig erfolgversprechende Stellungen noch aus der Hand gibt. Meiner Ansicht nach fehlt es Zarkov 5.0 zu noch besseren Resultaten etwas an der notwendigen "Turnierhärte".
Zarkov 5.0 bietet im Unterschied zu WChess 2000 dem Anwender besonders vielfältige Möglichkeiten, an den Bewertungsparametern zu "drehen" und damit zu experimentieren. Leider wird diese Funktion durch die Tatsache stark entwertet, dass man nicht daran gedacht hat, dem Anwender auch die Möglichkeit zu geben, diese individuellen Einstellungen abzuspeichern ...
Vorläufiges Fazit: zu dem Programm liegen mir im Unterschied zu WChess 2000 noch relativ wenige Testergebnisse vor. Nach m.M. ist das Programm im Unterschied zu WChess 2000 nicht ein unbedingtes Muss, bietet aber dafür hinsichtlich der Funktionalität ein etwas besseres Betriebsverhalten unter dem MCS-System.